Der 31. Oktober 1950. Die Einführung der Bereitschaftspolizei in Rheinland-Pfalz
In seiner Sitzung vom 31. Oktober 1950 stimmte der Ministerrat des Landes Rheinland-Pfalz dem Verwaltungsabkommen zwischen Bund und Ländern vom 27. Oktober des gleichen Jahres über die Aufstellung von Länderbereitschaftspolizeien zu. In Rheinland-Pfalz, wo nach dem 2. Weltkrieg die Strukturen der Polizei zügig wiederaufgebaut werden konnten, nahmen Ende 1951 die ersten 146 Beamten der Bereitschaftspolizei in Meisenheim am Glan ihren Dienst auf. Der Verdacht der Remilitarisierung, der im Zusammenhang mit der Aufstellung der Bereitschaftspolizeien aufkam, erwies sich bald als unbegründet und die neuen Einheiten, die die Polizeibehörden bei Bedarf zu unterstützen und bis 1996 die Ausbildung des polizeilichen Nachwuchses zu gewährleisten hatten, zeigten schnell ihre Bedeutung als wirkungsvolles Instrument der inneren Sicherheit.
"Im Vertrauen auf den Bestand und auf die Festigkeit der jungen deutschen Demokratie gaben im Jahre 1950 die westlichen Alliierten dem Antrag der Bundesregierung auf Aufstellung eigener Polizeiverbände zum Schutz der inneren Sicherheit von Bund und Ländern statt. Dies ist die Geburtsstunde der Bereitschaftspolizeien der Länder und der Polizeiverbände des Bundes." Wie in diesem Fachartikel aus dem Jahre 1968 beschrieben, einigten sich Bund und Länder nach wochenlangen Verhandlungen am 27. Oktober 1950 auf ein Verwaltungsabkommen über die Aufstellung von Länderbereitschaftspolizeien. Der Ministerrat des Landes Rheinland-Pfalz stimmte den Verhandlungsergebnissen in seiner Sitzung vom 31. Oktober einstimmig zu, womit der Einführung dieses "Organs zur Aufrechterhaltung der inneren Ordnung und Sicherheit" in dem jungen Bundesland der Weg geebnet war.
Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges hatten auch die Organisationstrukturen der Polizei aufgehört zu existieren. Es entstand allerdings in diesem Bereich der öffentlichen Sicherheit kein Vakuum, da die Besatzungsmächte noch im Mai mit dem Neuaufbau der Polizei begannen. Die gemeinsam vereinbarten obersten Zielsetzungen der Besatzungsmächte - Entnazifizierung, Entmilitarisierung und Dezentralisierung - wurden auch in der französischen Zone angewendet. Allerdings kam es hier nicht zu einem grundsätzlichen Neuaufbau wie in der amerikanischen und britischen Zone, sondern die alten Strukturen des Verwaltungsaufbaus wurden weitgehend beibehalten.
Die Bildung eines "rheinisch-pfälzischen Landes" aus ehemals preußischen, bayerischen und hessischen Gebietsteilen durch die Verfügung der französischen Militärregierung vom 30. August 1946 machte es erforderlich, die in den einzelnen Landesteilen bestehenden unterschiedlichen rechtlichen Grundlagen auch für den Bereich der Polizei zu vereinheitlichen. Dies wurde durch die "Verordnung über die Verstaatlichung und den Aufbau der Polizei in Rheinland-Pfalz" erreicht, die nach umfassenden Verhandlungen mit der Militärregierung am 14. Mai 1947 veröffentlicht werden konnte. Das materielle Polizeirecht, also die Frage wann und wie die Polizei einschreitet, blieb allerdings von dieser Verordnung unberührt. Hier galten die Bestimmungen des jeweiligen ehemaligen Länderrechts. Der Landtag von Rheinland-Pfalz sah es zwar als eine der dringendsten gesetzgeberischen Aufgaben an, nach der Schaffung der Landesverfassung die Verabschiedung eines Polizeigesetzes vorzubereiten. Die Verordnung von 1947 bildete allerdings eine angemessene Grundlage, so dass es noch fast sieben Jahre dauerte, bis das Polizeiverwaltungsgesetz von Rheinland-Pfalz am 26. März 1954 beschlossen wurde.
Dieses Polizeiverwaltungsgesetz bezog sich natürlich ebenfalls auf die Bereitschaftspolizei, für deren Einführung das Abkommen vom 27. Oktober und der Beschluss des Ministerrates vom 31. Oktober 1950 die Grundlagen bildeten. Dass es sich hierbei keineswegs um eine neue Errungenschaft der Nachkriegszeit, sondern um eine Wiedereinführung der Vollzugs- oder Schutzpolizei handelte, stellte der Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz vom 6. November 1950 dar: "Ist Bereitschaftspolizei etwas Neues? Mitnichten! Wir hatten bekanntlich nach 1919 sowohl eine Ordnungs- als auch eine Sicherheitspolizei. Die abgekürzten Bezeichnungen hierfür "Schupo" und "Sipo" sind sicherlich auch heute noch jedem geläufig. Bei der im Jahre 1922 in Preußen eingeführten allgemeinen Bezeichnung "Schutzpolizei" wurde nach wie vor zwischen Ordnungspolizei (Straßen- und Verwaltungsdienst) und kasernierter Schutzpolizei unterschieden. Warum wurden diese beiden Einrichtungen nach 1945 nicht wieder geschaffen? Weil die damaligen Vorschriften der Besatzung dies nicht zuließen, sondern lediglich die Schaffung einer Ordnungspolizei ermöglichten."
Die Betonung dieser historischen Kontinuitäten ergänzte der Staatsanzeiger mit einem eindringlichen Hinweis auf die ausschließliche Konzentration der Bereitschaftspolizei auf die innere Sicherheit. Der Beschluss über die Aufstellung der Bereitschaftspolizeien der Länder fiel in eine Zeit, die von außenpolitischen Spannungen und den ersten Bemühungen um einen militärischen Verteidigungsbeitrag der Bundesrepublik Deutschland geprägt war. Der Ausbruch des Koreakonfliktes im Mai 1950 sowie die Verschärfung des Ost-West-Gegensatzes innerhalb Europas bildeten den äußeren Rahmen, der die Entscheidung über die Bereitschaftspolizei dem Verdacht aussetzte, hierbei handele es sich um einen verdeckten Beitrag zur Wiederbewaffnung. Der Staatsanzeiger bewertete diese Diskussion als nicht zutreffend: "Wenn nun durch die Errichtung der Bereitschaftspolizeien in den Ländern ein weiterer Schritt zur Wiederherstellung der früheren Verhältnisse erfolgen konnte, so ist es völlig abwegig, die Errichtung der Bereitschaftspolizei mit einer "Remilitarisierung", "verkappten Reichswehr" und wie die verschiedenen Schlagworte heißen mögen gleichzusetzen."
Entsprechend dem Verwaltungsabkommen vom 27. Oktober sollten die Bereitschaftspolizeien der Länder eine Gesamtstärke von bis zu 30.000 Mann erreichen. Die Aufteilung auf die einzelnen Länder richtete sich nach der Einwohnerzahl. Mit Erlass des Bundesinnenministeriums vom 16. Mai 1951 wurde Rheinland-Pfalz angewiesen, eine Bereitschaftspolizei mit einer Stärke von 681 Mann aufzustellen. Obwohl der Bund bei der Erstausstattung die Beschaffung und Bezahlung der Bewaffnung, des Geräts und der Kraftfahrzeuge übernahm, sah sich das Land Rheinland-Pfalz aufgrund seiner schwierigen finanziellen Situation nicht in der Lage, mehr als 500 Mann aufzustellen. Für die Unterbringung, für die Sammel- bzw. Gemeinschaftsunterkünfte zur Verfügung gestellt werden mussten, waren die Standorte Koblenz, Mainz und Kaiserslautern vorgesehen. Da aufgrund der Kriegsfolgen in den geplanten Standorten geeignete Gebäude nicht rechtzeitig zur Verfügung gestellt werden konnten und eine Aufstellung der ersten Hundertschaft aufgrund der wachsenden polizeilichen Aufgaben nicht zu verschieben war, wurde zum 1. November 1951 in Meisenheim am Glan, im Kreis Kreuznach, eine provisorische Unterkunft zu Verfügung gestellt.
Diesen ersten 146 Beamten, die in Meisenheim zusammengezogen wurden, folgten bis zum Jahre 1954 weitere Hundertschaften in Trier, Schifferstadt und Koblenz. Mit einem hohen Aufwand an Werbeaktionen gelang es bis zum 10-jährigen Jubiläum der Bereitschaftspolizei in Rheinland-Pfalz einen Bestand von insgesamt 1.200 Beamten zu erreichen. Im Jahre 1968 wurde eine weitere Bereitschaftspolizeiabteilung in Wittlich-Wengeroth und 1976 in Enkenbach-Alsenborn eingerichtet. Nachdem 1990 das Spezialeinsatzkommando (SEK), die Polizeihubschrauberstaffel (PhuSt) und das Polizeimusikkorps (PMK) der Bereitschaftspolizei angegliedert worden waren, kam es 1996 zu einer Reform der polizeilichen Grundstrukturen, die es mit sich brachte, dass der Ausbildungsauftrag der Bereitschaftspolizei für den Nachwuchs auf die Landespolizeischule bzw. auf die Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, Fachbereich Polizei überging.
Neben der bis zum Jahr 1996 durchgeführten Ausbildung des polizeilichen Nachwuchses ist es die Aufgabe der Bereitschaftspolizei, die Polizeibehörden zu unterstützen, "wenn die Erfüllung der diesen gesetzlich obliegenden Aufgaben den Einsatz verstärkter Kräfte notwendig macht." Darüber hinaus kann die Bereitschaftspolizei gemäß Artikel 91 (2) GG zum Schutz der verfassungsmäßigen Ordnung, zur Abwehr von Sabotageakten und inneren Unruhen sowie bei Katastrophenfällen außerhalb des Landes eingesetzt werden. Angesichts dieser Aufgabenfülle hat die Bereitschaftspolizei seit der Entscheidung des Ministerrates über die Einführung dieser Polizeieinheit 1950 immer wieder eindeutig bewiesen, dass sie ein notwendiges und wirkungsvolles Instrument der inneren Sicherheit ist.
Quellen
- LHAKo Bestand 441, Nr. 44882. Nachwuchswerbung für die Bereitschaftspolizei
- LHAKo Bestand 645, Nr. 2284. Stadt Traben-Trarbach. Polizei
- LHAKo Bestand 710, Nr. 6874. Beisetzung Dr. Wilhelm Boden 1961
- LHAKo Bestand 712, Nr. 1617. Plakat zur Nachwuchswerbung für die Bereitschaftspolizei, 1952
- LHAKo Bestand 713, Nr. 18. Hunsrücker Zeitung vom Oktober 1950
- LHAKo Bestand 713, Nr. 207. Staatsanzeiger für Rheinland Pfalz vom Oktober und November 1950
- LHAKo Bestand 880, Nr. 1773. Verstaatlichung und Entstaatlichung der Polizei. 1945 - 1948
- LHAKo Bestand 880, Nr. 1778. Reorganisation der Polizei
- LHAKo Bestand 880, Nr. 1676. Neuorganisation der Polizei
- LHAKo Bestand 880, Nr. 7531. Organisation der Bereitschaftspolizeien des Länder
- LHAKo Bestand 930, Nr. 2660. Unterbringung der Bereitschaftspolizei
Literatur
- W. Büttner: Mainzer Polizeigeschichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, Alzey 1996
- V. Götz: Die Sorge für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, in: Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. 5. Die Bundesrepublik Deutschland, Frankfurt 1987, S. 426 - 450
- H. Ritter v. Lex: Die Bereitschaftspolizei der Länder, ihr Entstehen und ihre Bedeutung für die innere Sicherheit im Bundesgebiet, in: Festschrift für Hans Ehard, Frankfurt 1958, S. 123 f.
- E. Richter: Die Entwicklung der Bereitschaftspolizei, in: Rheinland-Pfalz und seine Polizei, hg. vom Ministerium des Innern Rheinland-Pfalz. Sonderausgabe der Fachzeitschrift Polizei, Technik, Verkehr, Wiesbaden, 1968, S. 51 - 55
- W. Schmidt: Organisation der Polizei, in: Rheinland-Pfalz und seine Polizei, hg. vom Ministerium des Innern Rheinland-Pfalz, Wiesbaden 1968, S. 48 - 50