Der 27. September 1777. Der Bau des Koblenzer Schlosses
Der am 28. September 1739 auf Schloss Hubertusburg in Sachsen geborene Clemens Wenzeslaus wurde am 10. Februar 1768 Erzbischof und Kurfürst von Trier. Der Sohn des Kurfürsten von Sachsen und Königs von Polen, Friedrich August, und der Kaisertochter Maria Josepha hob sich durch sein fürstliches Selbstbewusstsein deutlich von seinen meist dem trierischen Landadel entstammenden Vorgängern ab. Die Regierungszeit des letzten Amtsinhabers war bis zum Ausbruch der französischen Revolution eine Periode des verhältnismäßigen Friedens und wirtschaftlichen Wohlstandes.
Nachdem Trier im 18. Jahrhundert immer mehr von seiner Bedeutung als Residenzstadt verloren hatte, bevorzugte Clemens Wenzeslaus, wie auch bereits seine Vorgänger, die Stadt an Rhein und Mosel als Residenz. Allerdings entsprachen die in Koblenz vorhandenen Bauten für diesen Zweck nicht den Ansprüchen des Kurfürsten. Als Residenz diente in Ehrenbreitstein die von Philipp Christoph von Soetern zwischen 1626 - 1629 erbaute Philippsburg, die zwischen dem Festungsberg und dem Rhein gezwängt war. "Clemens Wenzeslaus hatte von Anfang an kein rechtes Gefallen an diesem Schlosse gehabt. Die Baufälligkeit desselben und die Gefahr, welche die mehrmals von der Höhe sich loslösenden und herabstürzenden Felsstücke brachten, wurden Veranlassung, dass er im Oktober 1777 seinen Entschluß kund gab, ein neues Residenzschloss in Koblenz zu bauen, und dass er bis zu dessen Ausführung den bisherigen Dikasteralbau und die Sommerschlösser in Schönbornslust und Kärlich bezog, nachdem er für die Sitzungen der Behörden das Haus des Hofkammerraths Coenen an der Hofstraße gemietet hatte."Dominicus)
Die neue Residenz sollte im freien Gelände in Koblenz errichtet werden, was natürlich bei der Ehrenbreitsteiner Bevölkerung große Enttäuschung hervorrief, während die Koblenzer mit Begeisterung auf die Entscheidung des Kurfürsten reagierten. In einem ausführlichen Schreiben vom 23. Dezember 1776 an die Landstände schilderte er daher den schlechten Zustand der Philippsburg und die notwendigen hohen Kosten für eine Wiederinstandsetzung. "So bliebe nur die Wahl zwischen einer solchen kostspieligen Hauptreparatur und dem Bau einer neuen Residenz, wozu er sich entschlossen habe. Der Bau zu Koblenz würde der Stadt neue Einnahmen bringen und Gewerbe und Handel beleben. Durch die Konzentration der jetzt auf Ehrenbreitstein und Koblenz verteilten Behörden in Koblenz könnten die Regierungs-, Justiz- und Kanzleigeschäfte zum Besten der Untertanen beschleunigt werden, da die häufige Unterbindung des Verkehrs durch den Eisgang auf dem Rhein, Sturm usw. wegfielen." (Looz-Corswarem) Nach mehreren Beratungen entschlossen sich die Landstände das Projekt zu unterstützen. In dem Landtagsabschied vom 27. September 1777 wurden die Bedingungen und die Höhe der Zuschüsse der geistlichen und weltlichen Stände festgelegt. Direkt nach dieser Entscheidung wurde mit den Vorbereitungen für den Schlossbau begonnen.
Die Leitung des Bauvorhabens übertrug der Kurfürst dem französischen Architekten Michel d`Ixnard, der sich vor allem durch Bauten in Süddeutschland einen Namen gemacht hatte. Die von ihm ausgearbeiteten Pläne, die er Ende des Jahres 1778 vorlegte, fanden allerdings von Anfang nicht die Zustimmung der prüfenden Baukommission. Die Auseinandersetzungen zwischen der Kommission und dem verantwortlichen Architekten zogen sich bis zum Sommer des nächsten Jahres hin und als Ergebnis wurde beschlossen, die Pläne von d`Ixnard der französischen Akademie der Architekten vorzulegen und beurteilen zu lassen. Obwohl die meisten Kritikpunkte an den Plänen als nicht gerechtfertigt zurückgewiesen wurden, wurden die Pläne auch nicht sehr positiv beurteilt. "Die Art der angewandten Architektur lasse im allgemeinen mehr Reinheit und Vornehmheit des Stils wünschen." (Looz-Corswarem) Als Konsequenz aus diesem Gutachten wurde d`Ixnard, wenn auch ehrenvoll, am 18. Dezember 1779 entlassen.
Die Nachfolge in der Bauleitung übernahm der Architekt Francois Peyre der Junge, der von der Pariser Akademie empfohlen worden war. Er lieferte im Laufe des Jahres 1780 neue Pläne für ein deutlich verkleinertes Bauvorhaben. Die schwierige finanzielle Situation stellte den Weiterbau allerdings zu diesem Zeitpunkt erheblich in Frage. Die Gesamtkosten des Residenzbaus wurden auf 466 000 Reichstaler geschätzt, wovon in den nächsten 4 - 5 Jahren nur etwa 390.000 Reichstaler aus verschiedenen Quellen zu erwarten waren. Nach langen Verhandlungen bewilligte der Landtag schließlich insgesamt 400.000 Reichstaler für den Bau. Die darüber hinaus notwendigen finanziellen Mittel kamen aus der Privatkasse des Kurfürsten. Endlich konnten die Bauarbeiten zügig voran getrieben werden.
"Wie der Außenbau seiner Vollendung mehr und mehr entgegenging, sorgte der Kurfürst auch für die innere Einrichtung und Ausstattung. was die Zeit von kostbarem in- und ausländischem Holzwerk, von Seidenstoffen und anderen Zeugen, von Marmor-, Metall- und Stukatusarbeiten, von Tapeten, Spiegeln, Uhren, Glockenspielen und reichem Kunstschmuck kannte, das fand seine angemessene Verwendung. Was Brauchbares, Werthvolles und Liebgewordenes im Ehrenbreitsteiner Schloß oder Dicasterialbau sich vorfand, wurde allmählich nach Koblenz oder Schönbornslust herübergeschafft, das Meiste aber wurde neu theils von fernher verschrieben, theils hier angefertigt. Zeichnete sich die Oeconomieeinrichtung durch praktische Vertheilung und Möblierung der einzelnen Räumlichkeiten, der Officiantenstuben, der Absteige- und Speisezimmer, der Küchenschreiberei, Buttelei, Conditorei, Küche, Backkammer, Bratküche, der Magazine, Fleischgewölbe, Waschhöfe, der Kapaunenstopferei, Sattlerei, Silberkammer usw. aus, so waren die großen und kleinen Festsäle und Appartements des Kurfürsten, seiner Schwester, ihrer unmittelbaren Umgebung, der Beamten und zahlreichen Dienerschaft mit außerordentlich geschickter Raumnutzung geordnet und je nach ihrer Bestimmung mehr oder weniger splendid und prächtig, alle aber bis in das Kleinste mit dem, was Bedürfnis, Bequemlichkeit, Liebhaberei oder fürstlicher Glanz und Luxus erforderte, ausgestattet." (Dominicus)
An seinem Namenstag, am 23. November 1786, konnte der Kurfürst seine neue Residenz endlich beziehen, obwohl der Innenausbau noch lange nicht beendet war. Erst am 12. Februar 1792 konnte der letzte Bauabschnitt, die Schlosskapelle, vollendet werden. Sehr lange konnte sich Clemens Wenzeslaus nicht an dem Neubau erfreuen. Nach einer ersten Flucht vor den französischen Revolutionstruppen 1792/93 verließ er 1794 endgültig Koblenz. Die Residenz, die im Oktober 1794 von den Franzosen geplündert wurde, erlebte bis heute ein sehr wechselvolles Schicksal.
Quellen
- LHAKo Bestand 1A, Nr. 10571 Clemens XIII. bestätigt die Wahl Clemens Wenzeslaus zum Erzbischof von Trier, 17. März 1768
- LHAKo Bestand 1C, Nr. 2426 Entwurf einer Wandbordüre, 1786
- LHAKo Bestand 702, Nr. 2277, Nr. 1 Erster Plan für den Schloßbau, um 1775
- LHAKo Bestand 702, Nr. 2277, Nr. 3 Gesamtplan der Schloßanlagen, 1777
- LHAKo Bestand 702, Nr. 2277, Nr. 108 Entwurf zur Dekoration einer Decke, 1785
- LHAKo Bestand 702, Nr. 12277, Nr. 199 Entwurf eines Thronsessels, 1785
- LHAKo Bestand 702, Nr. 12277, Nr. 104 Entwurf für Fuß- und Armlehne am Sofa im Audienzsaal, 1781
- LHAKo Bestand 702, Nr. 12277, Nr. 288 Entwurf eines Lehnstuhls für das Schlafzimmer, um 1785
Literatur
- A. Dominicus: Coblenz unter dem letzten Kurfürsten von Trier Clemens Wenzeslaus 1768 bis 1794, Coblenz 1869
- 200 Jahre Residenz Koblenz. Katalog zur Ausstellung im Schloß zu Koblenz, 6. August bis 2. November 1986, Koblenz 1986
- O. Graf von Loos-Corswarem, U. Liessem: Koblenz. Schloß und Neustadt. Führer und Katalog einer Ausstellung der Baupläne im September/Oktober 1975, Koblenz 1975
- H. Hofrichter: Die Entwicklung bis zum Ende des Alten Reichs, in: Geschichte der Stadt Koblenz, Bd. 1. Von den Anfängen bis zum Ende der kurfürstlichen Zeit, Stuttgart 1992, S. 409 - 440
- O. Metzger: Die barocke Idee des Koblenzer Schlosses, in: Jahrbuch für Geschichte und Kunst des Mittelrheins und seiner Nachbargebiete, Jg. 12/13, 1960/61, Neuwied 1962, S. 43 - 53