Der 18. Mai 1949. Der Landtag von Rheinland-Pfalz stimmt dem Grundgesetz zu
Am 18. Mai 1949, dem zweiten Jahrestag der Volksabstimmung über die Landesverfassung, stimmte der rheinland-pfälzische Landtag mit großer Mehrheit dem vom Parlamentarischen Rat in Bonn erarbeiteten Grundgesetz zu. Auf der Grundlage des in Herrenchiemsee von einem Expertenausschuss erstellten Entwurfs wurde unter intensiver Mitarbeit der rheinland-pfälzischen Vertreter von September 1948 bis Mai 1949 das provisorische Verfassungswerk erstellt, das bis heute das tragende Element des deutschen Staates bildet.
"Das Grundgesetz ist das Rückgrat unserer Demokratie und das tragende Element des deutschen Staates." Ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu seiner Entstehung wurde auf der Konferenz der westdeutschen Länderchefs vom 8. bis 10. Juli 1948 auf dem Rittersturz bei Koblenz gemacht. Nachdem Versuche, eine Übereinkunft mit den Ministerpräsidenten auch der Länder der sowjetischen Besatzungszone zu erreichen, im Juni 1947 in München gescheitert waren, übergaben die Militärgouverneure der westlichen Besatzungszonen im Juli 1948 die Frankfurter Dokumente, die u. a. die Aufforderung zur Ausarbeitung einer Verfassung enthielten. Während der Rittersturz-Konferenz beschlossen die Ministerpräsidenten, dieser Aufforderung nachzukommen. Allerdings sollte statt eines regulären Staates nur ein Provisorium eingerichtet werden, um die deutsche Teilung nicht weiter zu vertiefen. Der Begriff Verfassung wurde abgelehnt und statt dessen ein "Grundgesetz" vorgeschlagen, das nicht von einer verfassungsgebenden Versammlung, sondern durch einen Parlamentarischen Rat entworfen werden sollte. Nach weiteren Konferenzen im Jagdschloss Niederwald bei Rüdesheim und in Frankfurt im Juli 1948 konnte am 26. Juli ein Konsens mit den Alliierten erreicht werden, der den Weg für die Erarbeitung des Grundgesetzes frei machte.
Bevor der Parlamentarische Rat am 1. September seine Arbeit aufnahm, tagte auf Vorschlag Bayerns vom 10. bis 23. August auf Herrenchiemsee ein von den Ministerpräsidenten eingesetzter Ausschuss von Experten. Sie sollten unter weitgehendem Ausschluss der Öffentlichkeit einen Entwurf für das Grundgesetz ausarbeiten, um die Arbeit im anschließenden Parlamentarischen Rat zügiger durchführen zu können. Die für diesen Zweck aus Rheinland-Pfalz entsandten Mitglieder waren Justizminister Dr. Süsterhenn und Regierungsrat von Doemming. Nach intensiven Beratungen wurde eine Denkschrift von über 350 Seiten mit ca. 140 Artikeln vorgelegt. Die Denkschrift beinhaltete kein fertiges Konzept, sondern machte bei zahlreichen Punkten auch Alternativvorschläge. Zentraler Punkt war aber sicherlich, dass sich bei allen Mitgliedern der föderalistische Staatsaufbau gegenüber dem zentralistischen System durchgesetzt hatte.
Am 18. August 1948 wählte der Landtag von Rheinland-Pfalz die aus seinem Bundesland zu entsendenden Mitglieder für den Parlamentarischen Rat. Neben dem Justiz- und Kultusminister Dr. Süsterhenn und dem im pfälzischen Hambach als Studienrat tätige, spätere Kultusminister Dr. Johannes Finck, beide CDU, waren für die SPD der Gewerkschafter und Leiter des Kreisernährungsamtes in Bad Kreuznach, Karl Kuhn, sowie der Ludwigshafener Rechtsanwalt und spätere Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts Friedrich Wilhelm Wagner im Parlamentarischen Rat für Rheinland-Pfalz tätig. Als Dr. Süsterhenn wegen der Folgen eines Verkehrsunfalls am 5.5.1949 zurücktrat, wurde Hubert Hermanns, ebenfalls CDU, für ihn gewählt.
In Anwesenheit der Ministerpräsidenten und Vertretern der Militärbehörden wurde schließlich am 1. September 1948 der Parlamentarische Rat im Museum Alexander König in Bonn feierlich eröffnet. Für die konstituierende Sitzung trat das Gremium anschließend in der Pädagogischen Akademie zusammen. Auch Koblenz hatte sich als Tagungsort für den Parlamentarischen Rat beworben, konnte sich bei der entscheidenden Umfrage allerdings nicht durchsetzen.
Konrad Adenauer, der langjährige Kölner Oberbürgermeister, wurde zum Präsidenten des Gremiums gewählt. Es war sicherlich in nicht geringem Umfang die mit diesem Amt verbundene öffentliche Reputation, die es ermöglichte, dass er 1949 zum ersten Bundeskanzler gewählt wurde. Die praktische Arbeit des Rates wurde in mehreren Fachausschüssen durchgeführt, in denen verfassungsrechtliche Detailfragen erörtert wurden. Die Ergebnisse der Ausschüsse wurden dem Hauptausschuss zugeleitet, wo sie beraten wurden. Im Plenum konnte dann die endgültige Entscheidung getroffen werden. Den Fachausschüssen gehörten je zehn bis zwölf und dem Hauptausschuss 21 Mitglieder an, die von den Fraktionen delegiert wurden. Daneben arbeiteten außerordentliche Ausschüsse, z. B. der allgemeine Redaktionsausschuss, der Änderungsvorschläge vorbereitete.
Die Beratungen erstreckten sich über einen weit längeren Zeitraum, als man ursprünglich dafür veranschlagt hatte. Das Ergebnis der oft kontroversen Verhandlungen bei denen sich die rheinland-pfälzischen Vertreter intensiv beteiligt hatten und hier vor allem der Justizminister Adolf Süsterhenn, war ein in sich geschlossenes Gesetzeswerk, das schließlich auch die Zustimmung der Militärgouverneure fand. Am 8. Mai wurde das Grundgesetz mit 53 gegen zwölf Stimmen von den Abgeordneten des Parlamentarischen Rates angenommen. Nach der Zustimmung der Besatzungsmächte wurde das Grundgesetz an die Länderparlamente weitergeleitet. Mit Ausnahme von Bayern, dem das Grundgesetz zu wenig föderalistisch war, stimmten alle anderen zehn Landtage dem Grundgesetz zu. Der Landtag von Rheinland-Pfalz gab am 18. Mai, dem zweiten Jahrestag der Volksabstimmung über die Landesverfassung mit 91 gegen acht Stimmen der KPD seine Zustimmung. Nachdem Bayern nach Art.144 Abs. 1 GG die Rechtsverbindlichkeit des Grundgesetzes anerkannt hatte, stand seiner Verkündigung nichts mehr im Wege. In der letzten Sitzung des Parlamentarischen Rates in Bonn am 23. Mai 1949 wurde es feierlich verkündet und unterschrieben. Nach der Verkündigung und Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt wurde das Grundgesetz, das auf den Traditionen und Ideen des 19. Jahrhunderts und den Erfahrungen der Weimarer Republik basiert, rechtskräftig.
Quellen
- LHAKo Bestand 700,169 Nachlaß Peter Altmeier
- LHAKo Bestand 700,177 Nachlaß Dr. Süsterhenn
- LHAKo Bestand 710, Nr. 1986/1987 Rittersturz Konferenz
- LHAKo Bestand 713, Nr. 40 Rhein-Zeitung Ausgabe Hunsrück, Jahrgang 1949
- LHAKo Bestand 860, Nr. 19 Parlamentarischer Rat
- LHAKo Bestand 860, Nr. 4161 Parlamentarischer Rat
Literatur
- P. Brommer (Bearb.): Der Weg zum Grundgesetz. Texte zur Landesgeschichte, Bd. 7, Koblenz 1979
- M. F. Feldkamp (Hg.): Die Entstehung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland 1949. Eine Dokumentation, Stuttgart 1999
- P. Brommer (Bearb.): Der Weg zum Grundgesetz. Katalog zur Ausstellung im Landeshauptarchiv Koblenz, Koblenz 1979
- M.F . Feldkamp: Der Parlamentarische Rat 1948 - 1949. Die Entstehung des Grundgesetzes, Göttingen 1998
- H. Fenske: Rheinland-Pfalz und die Neugliederung der Bundesrepublik Deutschland, in: 40 Jahre Rheinland-Pfalz. Eine politische Landeskunde, Koblenz 1987, S. 131 - 172
- H. Mathy: 50 Jahre. Ein Querschnitt durch die Geschichte, in: Beiträge zu 50 Jahren Geschichte des Landes Rheinland-Pfalz, Bd. 73, hg. v. H.-G. Borck, Koblenz 1997, S. 23 - 60