Der 8. August 1954. Eröffnung des Freischwimmbades Oberwerth in Koblenz
Es war ein regnerischer Sommertag. Aber trotzdem ließen sich die Koblenzer nicht davon abhalten, ihr neues und lange herbeigesehntes Freischwimmbad auf Oberwerth gebührend zu feiern und das gelungene Programm der Einweihung zu genießen. Nach langen Diskussionen und arbeitsreichen Vorbereitungen und Planungen konnte am 8. August 1954 endlich der sehenswerte Abschluss des Baus gefeiert und der Sprung ins kühle Nass gewagt werden. Bereits in ihrer Wochenendausgabe der Rhein-Zeitung vom 7. August nahm dieses Ereignis einen breiten Raum ein. " Morgen ist es so weit. Der Augenblick, auf den nicht nur die "Kanonen" und die anderen Aktiven unserer Koblenzer Schwimmvereine, sondern überhaupt so viele Koblenzer Schwimmer und natürlich auch die Nichtschwimmer gewartet haben, ist gekommen: Das Schwimmbad wird eröffnet. Nur wer selbst an einem Strom, wie dem Rhein aufgewachsen ist, vermag zu ermessen, wie schmerzlich bisher eine solche Badeanlage vermißt wurde. Hand aufs Herz: kamen wir uns nicht etwas rückständig gegenüber den Bewohnern anderer Städte vor, daß wir kein richtiges Schwimmbad aufweisen konnten? Doch diese Zeit gehört nun endlich der Vergangenheit an. Am Sonntagnachmittag fällt der Startschuß und zum ersten Mal wird man je nach Temperament, Laune und Mut ins "Große" oder ins "Kleine" springen können. Und wer tut das nicht gerne in diesen Tagen in denen uns die Hitze förmlich ins Wasser treibt! Der Schlachtruf der Jünger Neptuns kann nun noch einmal so freuderfüllt erschallen. "Packt die Badehose ein!" Und dann hinaus zum Oberwerth!"
Entsprechend eines Kostenvoranschlags der Bauverwaltung wurde für den Bau des Freischwimmbades Oberwerth im Haushaltsplan 1953 ein Betrag von 408.000 DM eingesetzt. Einige Änderungsvorschläge machten es aber im Juni 1954 notwendig, diese Summe deutlich zu erhöhen. Auf Wunsch der Sportverbände wurde eine ursprünglich zwischen den beiden großen Becken vorgesehene Verbindung weggelassen, was eine Verschiebung der Becken und damit Mehrkosten erforderlich machte. Darüber hinaus wurden zusätzliche Treppenanlagen an den Tribünen, Duschen und der Sprungturm eingeplant, so dass insgesamt 98.000 DM mehr in den Bau des Schwimmbades flossen. Das Ergebnis konnte sich dann aber auch sehen lassen. Das "nach internationalen Maßen einwandfreie Freibad" bestand seine Feuertaufe bei der Eröffnungsveranstaltung mit Bravour. Bereits im Vorfeld erhielt das "moderne, allen Anforderungen genügende" Bad viel Lob und Anerkennung. Die "Rhein-Zeitung" schrieb am 7. August: "Natürlich dient das Schwimmbad, wie man es in dieser monumentalen, vorbildlichen Art nur mehr selten am Rhein findet - man denke nur an die ideale Verbindung von Strombad und Bassinbad - auch dem Schwimmsport, dessen Fahnen in Koblenz von vielen aktiven Schwimmern und Schwimmerinnen auch in schlechten Zeiten hochgehalten worden sind."
Bereits im Juni 1934 war das Strandbad Koblenz-Oberwerth eröffnet worden, das sich unter den Koblenzern schnell großer Beliebtheit und 20 Jahre später durch den Bau des neuen Schwimmbades ergänzt und abgerundet wurde.
Das Programm der Eröffnungsveranstaltung hatte zahlreiche Höhepunkte zu bieten. Zahlreiche Deutsche Meister, Europa-Meister und Rekordhalter gingen aus diesem Anlass in Koblenz an den Start. Dass die zahlreichen Wettkämpfe zeigten, dass die Koblenzer Schwimmer dem hohen Leistungsstandard gewachsen waren, erfreute die Zuschauer sehr. So konnte der Koblenzer Fritz Trimborn vom Post SV seiner Favoritenrolle gerecht werden und über 200 m Brust gewinnen. Aber nicht nur der sportliche Wettkampf stand im Mittelpunkt, die mehr als 1.500 Zuschauer bekamen auch zahlreiche andere Darbietungen zu sehen.
Die "Rhein-Zeitung" titelte am 9. August: "Lachsalven, Begeisterung, einfallsreiche Schwimmer." Nach der Begrüßung durch Bürgermeisters Rummel und der Dankesrede des Sprechers der Koblenzer Schwimmerschaft Josef Nedell "rollte ein schwimmsportliches Programm ab, wie man es in der Rhein-Moselstadt in dieser Art bisher noch nicht erlebt hat. ... Was soll man mehr loben an diesem Schwimmfest, denn ein Fest ist es ja trotz des Regens geworden! Die vorbildliche Organisation? Die großartigen Leistungen der Schwimmer und Schwimmerinnen? Den tollen Wirbel der Kunstspringer und Turmspringer? Die Münchner Idarnixen holten sich immer wieder Beifall mit ihren Figuren, die sie exakt gekonnt auf der Wasseroberfläche legten mit ihrem Bilderreigen und nicht zuletzt mit ihrem Wasserflossenballett. Sie bewiesen, daß man im Wasser das Schwimmen zu einem künstlerischen Ereignis machen kann." Als "Delikatesse" wurden die Vorführungen der Springer bezeichnet, die bei den Zuschauern besonders viel Beifall fanden. Begeisterung und lautstarkes Lachen belohnte die Akteure als sie nach der Absolvierung ihrer Pflicht ihr Können auch "bei einer Reihe entzückender Clownerien" zum Besten gaben. Insgesamt kannte trotz Dauerregens die Freude über das neue Schwimmbad keine Grenzen. Die Koblenzer packten seit dem jedes Jahr ihre Badehosen ein und freuen sich seit mittlerweile mehr als 50 Jahren auf den Sprung ins kühle Nass.
Quellen
- LHAKo Bestand 709, 2, Nr. 26 Rhein-Zeitung Koblenz, Juni 1954
- LHAKo Bestand 710, Nr. 14636 Freischwimmbad Oberwerth 1992
Literatur
- M. Backes: Koblenz mit Ehrenbreitstein und Stolzenfels, Koblenz 1973
- H. Dellwing u. U. Liessem: Stadt Koblenz. Südliche Vorstadt und Oberwerth, Düsseldorf 1986
- M. u. B. Schmeißer: Zeitsprünge. Koblenz, Erfurt 2001
- F. Theunert: Heimatchronik der Stadt und des Landkreises Koblenz, Köln 1955
- H. Wolf: Koblenz - ein fotografisches Tagebuch 1950 - 1980, Koblenz 1989